Maratona dles Dolomites 2014

06. Juli 2014 - 138 km


 

Alternativ zu dieser Webseite kann man sich den Text hier als äußerst stylishes PDF runterladen und ausdrucken!

 


Es ist das zehnte Mal, dass ich am Maratona dles Dolomites antrete. Bisher ist alles immer pannenfrei und reibungslos verlaufen.

Alles hat auch so schön angefangen. Mit der extrem stressigen Organisation des Radtransports für Styrkeproven am vorangegangenen Wochenende im Hinterkopf kam mir die Anreise in die Dolomiten und die Vorbereitungen im Apartment für das Rennen gähnend langweilig vor. Einfach das Rad aus dem Auto holen, Vorderrad einklinken und festmachen. Die Startnummer wurde mir ja quasi direkt ans Bett gebracht, diese ans Rad gemacht, zwei Flaschen in die Halter, Tacho mit frischen Akkus dazu. Ach ja, die Trikotnummer noch ans Trikot...und fertig.

Die einzige Unklarheit war eigentlich das Wetter. Am Vortag hat es nachmittags etwas geregnet, sodass ich ernsthaft überlegte lang/lang zu fahren und sicherheitshalber noch einen Rucksack mit Jacke und dicken Handschuhen für die Abfahrten mitzunehmen. Das wäre eine absolute Neuheit gewesen. Ich bin seit 2003 nahezu lückenlos dabei, und immer war am Rennsonntag Bullenhitze und an Regen nicht zu denken. Bob hat mir dann aber abends glaubhaft versichert, dass der Wetterbericht einen warmen/trockenen Tag mit schon 10°C am Morgen, evtl. Gewitter zum Nachmittag/Abend angekündigt hat. Also habe ich mich für die übliche Vorgehensweise mit kurz/kurz plus Sonnencreme entschieden, was letztlich auch goldrichtig war.

Der Renntag fing dann ganz unspektakulär an. Die Kollegen im Apartment haben um 04:10 mit dem üblichen Gewerk begonnen, während ich mich erst um 05:00 aus den Federn lösen konnte. Um 05:29 stand ich dann vor dem Hotel, Luggi meinte noch "pünktlich wie die Maurer!", denn die Abfahrt zum Start war für 05:30 angesetzt. Dann hieß es fast eine Stunde bis zum Startschuss mehr oder weniger bewegungslos im Startblock bis zum Startschuss zu harren. Im Anschluss noch 25 Minuten leicht rollend sich an die Startline heranzupirschen. Das war um 06:55.

Der Campolongo kam mir vor, als hätte ihn einer weggebügelt. Sicherlich ging das Fahren etwas schwerer als im Flachland, aber deutlich leichter als in allen Jahren zuvor. Problematisch war der übliche Stau aufgrund der wie ich meine gelesen zu haben mittlerweile 9000 Starter. Mein linkes Knie macht sich relativ schnell bemerkbar, wohl noch eine Spätfolge von Styrkeproven. Wie sich das wohl bis zum Giao weiterentwickeln wird? An der Verpflegung bin ich direkt vorbei - und rein in den Abfahrtstau. Pordoi in Pulk rauf, Pordoi im Pulk runter. Sorge bereitet mir das Jucken im Auge, was ich mir mit meiner Sonnecreme eingebrockt habe. Leider habe ich es immer noch nicht auf die Reihe bekommen, die Tuben entsprechend zu beschriften oder es sonstwie zu dokumentieren, welche im Auge brennen und welche nicht. Alle paar Minuten nehme ich die Brille runter und wische mit dem Handschuh das Auge aus. Das geht einigermaßen gut, ist aber auf Dauer trotzdem lästig. Bergab sogar gefährlich. Wenn es da plötzlich so brennt, dass man am liebsten ein Auge oder sogar beide zudrücken möchte hat man definitiv ein handfestes Problem! Meine Hauptflasche wollte ich dann erstmals an der Sella-Station auffüllen. Aber das sollte noch etwas dauern, denn...

Mitten aus heiterem Himmel haut es mir nach den ersten vielleicht 20 Höhenmetern des Sella im immer noch dichten Pulk die Kette vom kleinen
Blatt runter. Der Hintermann natürlich sofort in mich rein - Tumult - ich irgendwie an den Fahrbahnrand rüber. Kette sträubt sich natürlich zunächst massiv gegen das Wiederauflegen - wie immer wenn man´s eilig hat. Ich gehe also in die Vollen, lange richtig schön rein in die Schmiere. Für Befindlichkeiten hab ich keinen Nerv mehr seit Styrkeproven - außerdem sind die Bremsen und das Lenkerband eh schwarz also alles halb so schlimm. Schlußendlich ist die Kette wieder drauf und ich fahre weiter. Komme aber wohl keine 20 Kurbelumdrehungen weiter und schon wieder das gleiche Malheur, wieder ist die Kette nach links vom kleinen Blatt runtergefallen. Schöne Schei*e! Also wieder die gleiche Prozedur. Nächster Fahrversuch. Diesmal beobachte ich die Kette beim Treten sehr genau um zu verstehen was der Auslöser sein könnte. Vor etwa zwei Monaten hatte ich auch schon ein komisches Schalt-Phänomen mit eben dieser Kette, damals war eine Lasche/Bolzen offen. Dieses Glied hatte ich dann entfernt und an seiner statt ein Kettenschloss reingemacht. Seit dem gab es keine Probleme mehr mit dem Rad über ca. 500 km incl. dem Einsatz im Dolomiten-Trainingslager. Die Beobachtung ist nur von kurzer Dauer, denn Zack! Die Kette ist gleich wieder runter. Damit ist klar: Das wird so nichts mehr und ich bin mitten auf der kleinen Sellaronda. D.h. ohne Fremdhilfe gehts nicht mehr weiter.

Glücklicherweise befinde ich mich zu diesem Zeitpunkt nur etwa 100m vor der Sella-Verpflegungsstelle. Ich schiebe also in der Hoffnung, dass es dort neben Futter auch einen Technikservice gibt. Dem ist aber nicht so. Aber mir sticht gleich ein Offizieller ins Auge den ich sogleich einweihe und der prompt zum Hörer greift und mir dann mitteilt, dass ca. 300m vor der Verpflegungsstelle ein Servicewagen steht. Ich müsste nur mit meiner Kette oder mit dem ganzen Rad hinkommen dann würde ich eine neue Kette bekommen. Ich rolle also gegen den Verkehr wieder ein Stückchen bergab und komme nach ca. einer Minute zu dem Servicewagen. Ich sehe, das die beiden Mechaniker beschäftigt sind, also beschleunige ich die Prozedur indem ich selbst schon mal die Kette vom Rad nehme und dann mit dem öligen Teil in der einen Hand herumwinke und den einen Herren bitte, ob er mir vielleicht schnell eine neue Kette geben könne. Montieren könne ich alles selbst, in der anderen Hand winke ich mit meinem Kettennietendrücker herum um meine Absicht noch präziser zu illustrieren. Im Best Case hätte ich in 2 Minuten wieder abflugbereit sein können. Aber es kam anders.

"Please wait a minute!" - Aus der einen Minute werden deren gefühlte fünf, bis sich der Meister mir widmet. Währenddessen hat er allen
möglichen Leuten Luft in die Reifen gepumpt und ähnliches Zeug angestellt, was eigentlich jeder selbst können sollte. Schließlich kommt er wieder zu mir und beginnt das Vorderrad auszubauen. Ich werde hibbelig, weil ich meine, dass er meine Situation falsch einschätzt und meint, das ich einen Platten hätte oder was weiss ich. Es stellt sich aber raus, dass er mein Rad nur auf seinen Montageständer packen will. OK - wenn´s denn sein muss.

Nun nimmt er meine ratzige Kette und einen Öllappen und beginnt meine Kette zu reinigen. Ich registiere, dass hier definitiv etwas schief läuft und interveniere. Im Sinne von die Kette sei kaputt, ich hätte sie selbst vom Rad weggemacht, sie springt ständig von alleine vom Kettenblatt, ich brauche dringend eine neue, sie fährt keinen Meter mehr. Er: "Wait, I´ll fix it for you!". Ich (innerlich): "Neiiiin!" und kann ihn gerade so davon abbringen, dass er seinen Nietendrücker packt und mir meine Kette wieder aufs Rad draufmacht. Er schaut mich an: "So what do you want me to do?". Ich: "I need a new chain, my old one is damaged!". Ich spreche englisch, weil ich´s noch von Norwegen so drauf habe. Ich weiss nicht, ob er auch deutsch verstanden hätte. Er guckt auf meine Kassette, fängt an zu zählen und meint schließlich "It´s nine speeds - I have no chain for 9 speeds. Only for 10 and 11 speeds." Ich fasse es nicht! Er sagt noch: "It´s incompatible!" hängt meine Kette wieder an mein Rad, geht weg und tut wieder nutzloses Zeug. Gütiger Himmel, was bitte ist das für ein Servicewagen, der schon die quasi vorletzte Technik-Generation nicht mehr griffbereit hat? Etliche Leute mit banalen Reifen/Schlauch Problemen werden bedient, bis ich den Burschen wieder zu fassen kriege und ihn bitte, dass wir es doch dann bitte mit einer 10-fach Kette probieren möchten. Ich denke mir vielleicht gehts ja, schlechter als mit meiner eigenen Kette kann es ja nicht mehr werden, es ist meine einzige Chance. Tatsächlich holt er also endlich eine neue Kette aus seinem Wagen. Aber: Nicht etwa, dass er meine alte Kette als Längenmuster hernimmt, die neue entsprechend kürzt, irgendwie zusammenbringt und es geht weiter, nein! Er tastet sich stattdessen sukzessive an die richtige Länge ran. Irgendwann hat er es dann, und es scheint, als ob die Kette (zumindest im Leerlauf) schon mal hoffungsvoll gut durch die Schaltung läuft. Nun fängt er an, die Schaltung neu einzustellen, alle möglichen Schrauben am Schaltwerk irrsinnig festzuziehen. Ich denke mir, was mache ich, wenn dabei jetzt was abreisst? Dann wird das Rad hinten aufgemacht und der Schnellspanner überprüft. Kurz: ein richtig netter kleiner Gratis-Kundendienst. Das Problem ist nur, dass ich mein 10:40 Zeitlimit für die große Runde auf dem Schirm habe und mich die Prozedur insgesamt 44 Minuten gekostet hat. Hätte er mir einfach gleich seine Kette in die Hand gedrückt, hätte sichs vermutlich auf ca. 15 Minuten belaufen. Im Nachhinein betrachet war es natürlich ein gigantisches Glück, dass der Servicewagen quasi genau an der Stelle gestanden hat, an der mein Problem aufgetreten ist. Und natürlich bin ich im Endeffekt sehr dankbar für alles, was der Mechaniker für mich getan hat. Aber in jenem Moment war ich wirklich richtig stinkig auf ihn, dass er lauter Unsinn getan hat statt sich um meine Havarie zu kümmern, dass er keine 9-fach Kette vorrätig hatte und so tat als sei mein gutes Stevens ein Museumsrad, dass er mir den kompletten Kundendienst gemacht hat, statt einen 60-Sekunden-Pitstop.

Nun gut. Mittlerweile war der ganze Pulk durch, und es kamen nur noch vereinzelte Fahrer durch. Ich aber war fit und die gute Nachricht: Die 10-fach Kette funktionierte ab der ersten Sekunde tadellos. Ich rolle wieder zur Verpflegungsstation, fülle endlich meine Flasche auf und steige also in die Pedale, lasse den steilen Sella Sella sein und arbeite mich wieder von hinten ins vorbeigezogene Feld hinein. Ich denke immer im Raster von hundert Höhenmetern. Diese "Arbeits-Pakete" vergehen wie im Flug. Ich lasse scharenweise Leute hinter mir. Der Sella ist im Grunde ein Witz wenn man keine Zeit hat. Nahtlos gehts direkt in die Abfahrt und nach der Abfahrt in den Gardena und nach dem Gardena wieder runter nach Corvara. Ich beende die kleine Runde mit 20 Minuten Luft auf das Durchfahrzeitlimit 11:10. Ich weiss, dass es nun nur höllisch knapp bis unmöglich sein wird, ab hier in weniger als 50 Minuten bis zum Entscheidungspunkt mittlere/große Runde zu kommen. Es muss noch ein zweites Mal der Campolongo überwunden und dann noch ein gutes Stück Strecke zurückgelegt werden. Es kann im Grunde nur gut gehen, wenn das Organisationsteam zeitlich etwas Kulanz gibt oder ich sie beschwichtigen kann indem ich erkläre, dass ich eine Dreiviertelstunde lang eine "severe mechanical surgery" hatte.

Ich erreiche schlie ßlich den kritischen Ort mit 9 Minuten Verspätung. Die Abzweigung ist bereits abgeriegelt und mit mehreren Polizisten sowie einem Race-Marshall gesichert. Immer wieder zwängen sich Teilnehmer durch die Absperrung. Ich hinterher. Aber ich sehe schon wie der Hase läuft. Will man noch auf die große Runde, wird die Trikotnummer und der Transponder einkassiert und man fährt auf eigene Faust weiter und verzichtet ab hier auf die offizielle Zeitmessung. Ohne wenn und aber. Ich muss mich also entscheiden: offiziell die mittlere Runde zuende bringen oder als Outlaw zum Giao ohne dass die Leistung jemals in den High Scores auftauchen wird. Ich entscheide mich für Letzteres, hoffe aber dennoch, dass ich dem Marshall etwas ins Ohr säuseln kann, dass er mich so durchlässt. Aber es ist hoffnungslos. Das Gute ist: Ich habe mir wenigstens keinen Platten gefahren, denn als ich auf den Boden schaue, sehe ich hunderte offene Sicherheitsnadeln weil natürlich jeder die Dinger in der Hast einfach auf den Boden geschmissen hat. Ich fahre los, hinter mir lauert bereits der "Fin de Gare"-Wagen (Ende der Straßensperrung).

Nun gehts zur St. Lucia Verpflegung. Die macht gerade, wie auch alle zukünftigen Verpflegungsstellen, dicht. Nur noch meine beiden Flaschen bekomme ich für den kritischen Anstieg zum Giau befüllt und ein paar Würfelchen Neapolitater in den Mund. Als ich wieder zum Rad gehe, kommt gerade der Fin de Gare durch, gefolgt von einem Carabinieri gefolgt von einer Hundertschaft von knatternden und stinkenden Autos und Mopeds. Jetzt geht es unmittelbar in die St. Lucia "Abfahrt". Leider muss ich sie komplett durchbremsen, denn das "Pacecar" traue ich mir nicht mehr so recht zu überholen, schließlich bin ich ja kein offizieller Rennteilnehmer mehr und dann noch direkt die Polizei dahinter. Also 150 Höhenmeter bergab, die das Material schinden statt Speed bringen.

Am Giao dann wie immer der sofortige Leistungseinbruch. Ich schwöre mir ja jedes mal wenn ich ihn fahre dass es das letzte Mal ist. Und dann muss ichs doch immer wieder probieren und immer wieder und immer wieder. Aber so ist das halt bei mir. Glücklicherweise ist dieses Jahr die Hitze nicht so extrem wie alle Jahre zuvor denn der Himmel ist leicht bedeckt. Ich befinde mich in den letzten Ausläufern des Teilnehmerfeldes. Trotzdem überhole ich hier und da jemanden, hier und da überholt mich jemand. Ich schaue immer, ob die Konkurrenten die mich überholen noch eine Nummer haben. Denn die ohne Nummer kommen "frisch" auf die Schlussetappe, während die, die noch eine Nummer dran haben, noch vor dem Zeitlimit durch den Entscheidungspunkt gekommen sind, sich dann aber länger an der Verpflegungsstelle ausgeruht haben. Und dann gibt es die Intervallfahrer. Die ruhen sich alle 2-3 Serpentinen aus und geben dann zwischendrin mehr Gas als gut für sie ist. Im Schnitt haben vieler dieser Leute die genau gleiche Geschwindigkeit wie ich, sodass in Summe etwas mehr Action im Spiel ist, da man sich ja ständig überholt. Bei meiner ersten Dolomiten-Teilnahme war ich auch Intervallfahrer - wegen der damals auch noch unpassenden Übersetzung (38:26) sogar auch Zickzackfahrer.

Meanwhile - Passo Falzarego um 13:02: Als ich gerade die ersten 360 Höhenmeter des Giao, also 40% dieses mühsamen Anstiegs hinter mich
gebracht habe, überquert das Offical Car des Marshalls den Falzaregopass. In seinem Gepäck hat er einen Sack voller einkassierter Transponderchips. Mit diesem fährt er über die Zeiterfassungsmatte. Das hat folgende Konsequenzen: Ich erziele offiziell an diesem Berg, an dem ich ja gar nicht gewesen bin, eine Sektionszeit von 1:41:07,8, werde damit auf diesem Abschnitt 194ster in meiner Altersklasse und 1850. im Gesamtklassement. Eike, die im Apartment das Datasport-Livetracking im Internet verfolgt, geht davon aus, dass ich die mittlere Runde fahre und nur noch die letzte Abfahrt absolvieren muss. Dementsprechend erwartet sie mich schon mehr oder weniger unmittelbar im Ziel und verlässt das Hotel. Sie wird aber noch fast volle 3 Stunden auf mich warten müssen. Mit dem Wissen, dass ich ein Problem mit dem Rad hatte - denn das hatte ich ihr bei der zweiten Passage in Corvara im Vorbeifahren gesagt - macht sie sich natürlich auch zunehmend Sorgen.

Wieder Schauplatz Giao. Irgendwann sind die Strapazen zu Ende und ich bin tatsächlich mehr oder weniger desillusioniert oben angekommen. Vor dem Giao hatte ich das Gefühl, dass es heute eigentlich ziemlich gut läuft. Aber ab den ersten Metern im Giao war es schlagartig so wie es immer am Giao ist. Ein erbärmliches Rumgekrebse was schließlich immer ein gutes Ende findet aber nichts mehr mit Sport zu tun hat. Wettertechnisch sah es so aus, dass es jetzt ab dem Pass abregnen könnte und damit der Rest des Trips feucht wird. Aber es hat zum Glück gehalten.

Nun stehen noch der Falzarego, die Valparola-Rampe, die neue Katermauer und der 5 km lange flache Anstieg bis ins Ziel auf dem Plan. Der Falzarego an sich ist eigentlich keine schlimme Sache. Habe ich aber vorher den Giao in den Beinen fährt es sich aus meiner Sicht wie eine 600 Höhenmeter lange Verlängerung dessen. Aber an den Falzarego ist noch nicht zu denken, denn in der Giao-Abfahrt schlägt plötzlich der Klang der Bremsen ins Metallische um. Damit ist klar: Ich habe mich mit meiner Sparsamkeit bzgl. des Materials verzockt, jetzt heißt es tatsächlich auch noch mitten im Rennen die Bremsen wechseln. Ich hatte die Situation eigentlich so eingeschätzt, dass die Beläge bei trockenem Wetter auf jeden Fall reichen würden, habe aber sicherheitshalber Ersatz für Regenwetter mitgeführt. Durch das permanente Bremsen in den Abfahrten aufgrund des sehr dichten Pulks bzw. einiger sehr langsamer Abfahrer an denen schlecht vorbeizukommen war und dem Pacecar-Desaster am St. Lucia haben die Beläge aber schon auf der vorletzten Abfahrt schlapp gemacht.

Ich bleibe also in der nächsten Serpentine stehen und fange an zu montieren als auch schon ein Besenwagen kommt, sich dazuparkt und wohl mein Rad einladen will, weil er denkt, dass ich aufgegeben hätte. Ich rufe "No, no! Ich wechsle nur meine Bremsen!"

Dann wollten die beiden Herren hilfsbereit sein und mir die Beläge tauschen damit ich mich währeddessen etwas ausruhen kann. Allerdings musste ich dann immer wieder intervenieren, weil ich bemerkt habe, dass sie mir sonst durch ungeeignete Handhabung meines Werkzeugs die Sicherungsschraube der Bremse ruiniert hätten. Und wenn die mal kaputt ist, gibts kein Weiterkommen, da nützen mir die Ersatzbeläge in der Trikottasche auch nicht mehr weiter. Ein Stress!

Dann ging´s die letzten Kehren des Giao runter. Dann den Falzarego mit der gleichen reduzierten Wattleistung wie am Giao hoch. Das heißt der klassische Effekt, dass mich der Giao nachhaltig kaputt macht war wieder da. Noch 7,5 km - 6,5 km - 5,5 km - 4,5 km - 3,5 km - 2,5 km - 1,5 km - 0,5 km - und fertig! Unglaublich, aber angekommen. Die Falzaregostation hat auch gerade wieder dicht gemacht. Wieder nur ein Enervit in die Flasche und diesmal (großer Fehler!) statt den üblichen 3 Stückchen Neapolitanerwürfeln eine staubtrockene Weißbrotsemmel mit Käse und Schinken in den Mund und damit rein in die fiese Valparola-Rampe. Diese Semmel hat mich glaub´ ich noch die halbe Valparola-Abfahrt begleitet! Man bekommt die Kaupampe einfach während der Anstrengung nicht runtergeschluckt.

Die Abfahrt war wiederum zweigeteilt. Auf den oberen zwei Dritteln der Strecke war die Straße leicht feucht, sodass man auch hier wieder nicht normal abfahren konnte zumal ja auch die Straßensperrung schon längst aufgehoben war. Im unteren Drittel ab Kassian bin ich ärgerlicherweise auf einen Audi Kombi aufgelaufen, der wohl aus Sicherheitsgründen mit einer indiskutablen Geschwindigkeit gefahren ist. Und ans Überholen war bei der kurvigen Strecke und sehr viel Gegenverkehr überhaupt nicht zu denken. Also nochmal 300 Höhenmeter mit gezogenen Bremsen runter. Absolut grausam!

Tsja, that´s all. Die Katermauer habe ich gut überstanden, sie ist aber schon sehr sehr hart nach der großen Runde. Und die letzten 5 km zum Ziel ziehen sich wie immer wie Kaugummi. Aber irgendwann sind auch sie rum. Und das waren sie für mich nach insgesamt inoffiziellen 9 Stunden und 35 Minuten Rennzeit auf meinem Tacho.

 


zurück zur homepage