Seit ich schwimme habe ich das Problem, dass ich mich konzentrationsbedingt praktisch in jedem Training mit der Bahnenanzahl verzähle. Darüberhinaus nervte es mich schon immer, dass man sich immer stupide auf die Bahnnummer konzentrieren muss, statt dass man sich beim Schwimmen entspannen und an etwas ganz anderes denken kann. Der dritte Punkt ist die exakte Zeitmessung. In den meisten Bädern die ich kenne hängt meistens nur eine einfache Uhr die minutengenau anzeigt - diese hängt meist auch noch so ungünstig, dass man sie nur von einer speziellen Position aus ablesen kann, z.B. in der Bahnmitte. Deswegen habe ich immer wenn ich im Wasser war erstmal gewartet, bis der Minutenzeiger umspringt, bin dann losgeschwommen und am Ende des Trainings habe ich dann ungefähr die Sekunden abgeschätzt bis der Minutenzeiger weiterspringt. Mit etwas Glück, konnte ich mir die ganzen Daten dann bis zur Umkleiderkabine oder bis zu hause merken um sie dort niederzuschreiben. Im Gespräch mit einigen Leuten ist mir witzigerweise klargeworden, dass ich mit diesen Gedanken nicht alleine auf der Welt bin, sondern dass es vielen Schwimmern ähnlich geht.
Da ich mich dieses Jahr (2010) für den Challenge Roth ("Ex-Ironman") angemeldet habe hat das Schwimmtraining in dieser Saison für mich einen wesentlich höheren Stellenwert. Daher habe ich mir so meine Gedanken zu einer technischen Lösung der Problematik gemacht.
Das Gerät muss wasserdicht sein, damit es am Beckenrand platziert werden kann. Alle zwei Runden, also beim Starten und jedesmal wenn man nach wieder an der Startposition vorbeikommt, drückt man einmal aufs Knöpfchen. Dadurch wird intern im Gerät die letzte Rundenzeit gemessen und gespeichert und am Display wird die Anzahl der eingecheckten Laps angezeigt. Das Display startet dabei mit dem Wert '00' und zählt bei jedem Tastendruck um 2 weiter. Am Ende der Messung bzw. der Trainingseinheit könnten die gesammelten Zeitdaten an einen Computer übertragen und dort ausgewertet werden.
18./19. Januar 2010 Idee beim Schwimmen gekommen, Anschließend Marktrecherche was es schon so gibt
20. Januar 2010, Mittag: Fast hätte ich mir den "Finis Lap Track" geordert. Zum Glück hab ich noch weiter recherchiert und dabei bemerkt, dass das Gerät nur 50 Runden zählen kann, für nen Langstreckentriathlon im 25m-Becken brauchts aber z.B. 76. Desweiteren können die erfassten Rundenzeiten wohl nur am Display angesehen werden, aber wer hat schon Lust, diese Werte dauernd ins Excel abzutippen um sie grafisch darzustellen und für spätere Quervergleiche zu archivieren?
20. Januar 2010, Nachmittag: Grobe Planung wie ein Selbstbau aussehen könnte
20. Januar 2010, Abend: Materialbeschaffung für die Entwicklungsarbeit (Atmel AVR Entwicklungskit, dazu passenden alten Laptop mit paralleler Schnittstelle für den Programmer, Prozessor), Compiler-Installation, alte vergleichbare Projekte rekapituliert
21. Januar 2010: Reichelt-Bestellung: Hauptsächlich das wasserdichte BOPLA-Gehäuse und den Vandalismus-Taster sowie die 7-Segmentanzeigen
23. Januar 2010: Großer Basteltag von ca. 0930 früh bis 2230 wird 13h lang an dem C-Programm gefeilt. Damit ist quasi der Prototyp/Versuchsaufbau am Tag 4 fertig.
27. Januar 2010, Vormittag: Die Langersehnte Reicheltlieferung trifft ein
28. Januar 2010, früh: Hole die gelieferten Saugnäpfe an der Post ab.
28. Januar 2010, Abends: Materialbeschaffung zum Bau des Fertiggeräts: Lochrasterplatine, passive Bauteile, Kabel, Sub-D-Stecker und Kabel, Pfostenstecker. Es wird die ganze Nacht durchgebastelt. Um 0645 früh vor der Arbeit am Freitag ist das Fertiggerät fertig.
29. Januar 2010, Abends: Jungfernmessung im Atlantis, Herzogenaurach
19. Februar 2010, Komfortupdate: Einbau des Ein-/Ausschalters und der BNC-Buchse für den Datentransfer
Nun ist es soweit. Der LTC muss sich im Praxiseinsatz bewähren. Zuerst wollte ich dem Bademeister bescheid geben, dass es sich bei dem Gerät nicht um einen Zünder für eine Bombe handelt, nicht das Verdachtsmomente entstehen. Der von mir angesprochene Herr war aber gar nicht der Bademeister sondern jemand, der Schwimmabzeichen abgenommen hat. Ich habs dann dabei belassen und habe losgelegt.
Was ich schon vorher wusste ist dass mir die Saugnäpfe am Gerät im Atlantis nicht viel bringen werden, weil das Wasser bündig mit der Beckenwand abschließt. Es hat sich dann aber doch als günstig erwiesen, dass ich lieber zwei kleine als einen großen Saugnapf hingemacht habe. Und zwar gibts an den Startblöcken zwei runde Stützen. Hab den LTC dann einfach vor diese Stützen am Boden hingestellt und den rechten Saugnapf an die Stütze hinge"napft". Somit kann man die ausßermittig rechts platzierte Taste wunderbar drücken ohne dass sich der LTC dabei verdreht, weil dieStütze quasi direkt dahinter ist. Das ist genau das Prinzip, was bei vielen Fotoapparaten falsch gemacht wird, habe ich mir dabei gedacht. nämlich ist der Auslöseknopf ja rechts-oben, während das Stativgewinde oftmals links-unten ist. Völliger Schwachsinn, weil man dann ja beim Auslösen immer den Foto verdreht.
Ich drücke also die magische Tasche, dass Display wechselt von '--' nach '00' und ich schwimme los. Ich checke Lap 02 ein, ich checke Lap 04 ein. Soweit alles nach Plan. Aber was kommt da? Ich will Lap 06 einchecken, drücke, aber es passiert gar nichts. Ich drücke verzweifelt wie verrückt, als mir einer von der Seite "Sechs!" zuruft. ;-) Er hat die Maschine und das Treiben schon etwas beobachtet und dabei festgestellt, dass kein Markenname drauf ist und so kommen wir ins Gespräch. Man muss wissen, dass aus Gründen der Wasserdichtigkeit ja nur ein einziger Taster an dem Gerät dran ist, kein Ein-/Aus-Schalter. Das Batteriefach fest verschraubt. Also blieb mir nichts anderes als Bedienmöglichkeiten übrig, als bischen wo dagegenzuklopfen. Mit großem Effekt aber ohne durchschlagenen Erfolg. Das 7-Segment-Display zeigt wirre Muster die ich nie programmiert habe. Zählt selbständig die geraden Zahlen rauf und wieder runter, geht ganz aus, dann zeigt´s '188' an usw.
Ich verlassen das Becken Richtung Umkleiden wo ich einen Schraubenzieher mit hatte. Ich tu die Batterien mehrmals raus und wieder rein. Keine Reaktion. Erst beim allerletzten Versuch springt die Maschine wieder an. Um das Ende vorwegzunehmen: Die Störung ist nicht wieder aufgetreten und die Schwimmerei konnte nach diesem recht heftigen Dämpfer mit einem Rundenoffset von +6 wieder aufgenommen werden. Mir fällt ein, dass ich des Nachts wohl vergessen habe, den Pufferkondensator auf die Platine zu löten. Das ist ein kleiner Energiespeicher, der die Betriebsspannung der Elektronik stabil hält auch wenn z.B. durch Erschütterungen kurzfristig ein Wackelkontakt an den Batterien entsteht. Vielleicht war das die Ursache für die Störung. Man weiss es nicht.
Die Bedienung der doch recht kleinen Taste gelingt nach einigen Runden Übung doch recht gut. Auch wenn der Bewegungsablauf durch den Bedienungsvorgang doch deutlich gestört wird. Ideal wäre eine Art berührempfindliche Matte, die man über die Beckenkante legt und dann da draufdatscht. Aber man muss nicht alles haben. Was richtig toll aussieht ist wenn über das gesamte Gehäuse wasserspritzer verteilt sind und von dahinter das sehr helle 7-Segement-Display durchscheint. Das Display ist auch ein echte Eyecatchen wenn man hinten die Wende macht und es einem dann entgegenscheint und immer größer wird.
Ca. bei Lap84 ist mir bewusst aufgefallen, dass ich vergessen habe den Knopf zu drücken. Obwohl ich die Nacht nur ca. 1h geschlafen habe und den ganzen Tag über fast im Stehen hätte einschlafen können bin ich irgendwie so aufgezogen, dass ich beschließe, erstmals die volle Distanz von 3800m, also 152 Laps zu schwimmen. Ich rechne schön die sechs vergeigten Runden gegen und ziehe die zwei Runden ab, mit denen ich meine Pinkelpause bei Lap80 abgesteckt habe. Auch die eine Runde, die ich vergessen habe zu drücken wird eingerechnet. Ich komme auf ein Ziel von '146', erreiche es mit einer fetten Endspurtrunde, speichere die Daten, bringe das LTC sicher im Handtuch verpackt nach Hause.
Die gespeicherten Daten lassen sich zuhause perfekt ins Excel importieren. Ich erkenne sofort die markanten Stellen im Diagramm, nämlich die Spurtrunden vor der Pinkelpause und in der allerletzten Runde, sowie die Pinkelpause selbst. Aber was ist das. Offensichtlich habe ich - ohne das es mir bewusst gewesen wäre - bei Lap46 1x vergessen zu drücken und bei Lap70 sogar 2x. Sehr aufschlussreich. Ich bin also bereinigterweise statt 3800m sogar 3950m geschwommen. Das hätte ich ohne den LTC nie herausbekommen und das ist Belohnung genug für die vielen Tage Arbeit die ich in dieses nette Projekt gesteckt habe.
Das löbliche Datentransferkabel
Das Batteriefach mit dem verstauten 2-adrigen Käbelchen für den Datentransfer vorm Umbau auf die BNC-Buchse
Der innere Aufau incl. Blick auf die Verdrahtungsseite der Platine
Die BNC-Buchse für RS232 und der Ein-/Ausschalter